Veranstaltung: | Mitgliederversammlung KV Dresden, 17. Juni 2020, 19.30 Uhr |
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Tagesordnungspunkt: | 2.4. BLACK LIVES MATTER - Für konsequenten Anti-Rassismus in Dresden |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Mitgliederversammlung |
Beschlossen am: | 17.06.2020 |
Eingereicht: | 26.06.2020, 14:29 |
Antragshistorie: | Version 1 |
BLACK LIVES MATTER - Für konsequenten Anti-Rassismus in Dresden
Beschlusstext
Der Mord an George Floyd am 25.05.2020 und das gewaltsame Vorgehen gegen die
darauffolgenden Proteste haben wieder gezeigt welche tödliche Gefahr von
Rassismus und Polizeigewalt gegen Schwarze ausgeht. Am 12. Juni, nur 3 Wochen
danach, haben weiße Polizisten in Atlanta Rayshard Brook auf der Flucht
erschossen.
Diese Morde stehen beispielhaft für die institutionalisierte Diskriminierung und
Dehumanisierung schwarzer Menschen und entfachen eine neue Welle
antirassistischer Proteste.
Schwarze Menschen verdienen denselben Respekt und die gleiche Behandlung wie
weiße Menschen – nach 400 Jahren des Rassismus und der Ungleichheit.
Doch Rassismus ist kein US-amerikanisches Phänomen. Ebenso wenig wie der Kampf
für Gerechtigkeit und Gleichheit.
Rassismus war die ideologische Grundlage für Sklaverei, Ausbeutung und
Misshandlung von Schwarzen Menschen durch weiße Europäer*innen. Jeden Tag
erfahren Schwarze, People of Color, Migrant*innen, Rom*nija und andere
Minderheiten in Europa Rassismus. Immer noch ist jede*r einzelne von ihnen durch
rassistische Gewalt gefährdet. Politische Institutionen sind vorwiegend weiß,
von wirklicher Repräsentation kann keine Rede sein. Europa muss sich mit seiner
kolonialen Vergangenheit befassen, in der jene kulturellen und
gesellschaftlichen Strukturen der Unterdrückung von Schwarzen und People of
Color entstanden sind, die noch heute wirksam sind und sich gerade auch in
Dresden immer wieder in den unzähligen Angriffen gegen Schwarze und People of
Color zeigen, von denen die Ermordung von Marwa el-Sherbini im Gerichtssaal nur
eine der schrecklichsten Taten ist. Die gesellschaftliche Diskriminierung
offenbart sich auch in der weit verbreiteten, offenen Ablehnung von
Migrant*innen und Asylsuchenden in Dresden sowie in der europäischen
Abschottungspolitik.
Der Kampf gegen Rassismus ist eine Aufgabe der Gesamtgesellschaft, nicht nur der
Betroffenen. Starke Demokratien lassen sich am besten am Umgang mit Minderheiten
erkennen. Unser Anspruch an die Demokratie muss sein, dass Schwarze Menschen,
People of Color und alle anderen gleich behandelt werden – durch Polizei,
Politik und Gesellschaft. Um strukturellen Rassismus bekämpfen zu können, müssen
wir alle Bereiche der Gesellschaft betrachten. Ausgrenzung und intersektionale
Unterdrückungstrukturen müssen wir erkennen und beseitigen, auch in der eigenen
Partei. Schwarze und People of Color müssen durch starke demokratische
Strukturen vor Gewalt und Anfeindungen geschützt werden, die auch die exzessive
Gewalt durch Polizeikräfte begrenzen. Die Verhinderung von rassistischer Gewalt
ist das absolute Minimum.
Rassismus ist jedoch keine Randerscheinung im rechten Milieu rund um Pegida und
Co., sondern wir alle sind rassistisch sozialisiert und tragen Stereotype in
uns. Deshalb braucht es eine kritische Auseinandersetzung mit weißen
Privilegien. Daneben sind Anerkennung, Chancengleichheit, Sichtbarkeit und
Teilhabe elementar für eine diverse Gesellschaft.
Als bündnisgrüner Kreisverband Dresden :
- zeigen wir uns solidarisch mit der #BLACKLIVESMATTER-Bewegung und ihren
Protesten.
- fordern wir die Kolonialgeschichte kritisch aufzuarbeiten und die immer
noch währende Unterdrückung von BIPocs (1) im Zuge echter
Gleichberechtigung zu beseitigen. Dies ist eine zentrale Voraussetzung
einer demokratischen Gesellschaft, die allen Menschen gleiche Rechte
garantiert.
- erkennen wir die Folgen europäischer Kolonialgeschichte auf die
gesellschaftliche Realität heute an. Wir stoßen einen Prozess der aktiven
Dekolonialisierung an - auf den Straßen, in den Museen und in öffentlichen
Räumen. Eine Überprüfung von Straßennamen, Ausstellungsstücken der
städtischen Museen sowie Denkmälern und dergleichen im öffentlichen Raum
ist notwendig. Anschließend muss eine kritische Kontextualisierung
erfolgen. Als letzte Konsequenz ist ihre Beseitigung in Betracht zu
ziehen.
- fordern wir die Schaffung grundlegender Aufklärung und Bildungsarbeit über
Kolonialgeschichte, Dekolonialisierung und aktivem Anti-Rassismus.
- verlangen wir die langfristige Etablierung und Verstärkung von Anti-
Diskriminierungstrainings für Angestellte der Stadt Dresden, insbesondere
für die Versammlungsbehörde und das Ordnungsamt. Wir fordern die
Landesregierung auf, sich auf Landesebene für vergleichbare Programme
einzusetzen, besonders für Angestellte in Justiz und Polizei. Diese Anti-
Rassismus-Trainings sollten sich unter anderem mit Critical Whiteness und
Sensibilisierung im Umgang mit kulturellen und religiösen Minderheiten
befassen.
- fordern wir zusätzlich besondere Aufmerksamkeit für anti-muslimischen
Rassismus in der Anti-Rassismusarbeit - speziell in Dresden und Sachsen
ist Rassismus gegen nicht-schwarze PoCs durch neu-rechte Bewegungen wie
Pegida weit verbreitet und muss bekämpft werden. (2)
- sind wir der Meinung, dass dringende Maßnahmen ergriffen werden müssen, um
Diskriminierung in den Bereichen Wohnen, Bildung und Gesundheitsversorgung
zu beenden und Chancengleichheit auch für Migrant*innen und
Asylbewerber*innen zu gewährleisten.
- verlangen wir die explizite Ermutigung, Ansprache und Anstellung von BIPoC
in öffentlichen Stellenausschreibungen, auch durch community-orientierte
Recruiting-Prozesse. Wir engagieren uns dafür, dass dies bei allen
Einstellungsprozessen Standard wird.
- fordern wir ein sofortiges Ende von Racial Profiling in behördlicher
Praxis.
- verurteilen wir unverhältnismäßige Gewaltanwendung der Polizei generell
und insbesondere gegenüber Demonstrant*innen, Vertreter*innen der Presse,
Santäter*innen, freiwilligen Helfer*innen und BIPoC.
- halten wir die zunehmende Militarisierung von Polizeikräften, die auch in
Sachsen zu beobachten ist, nicht für akzeptabel. Wir verurteilen den
unverhältnismäßigen Einsatz des Spezialeinsatzkommandos (SEK).
- erwarten wir die konsequente Umsetzung des bestehenden Rechts zum Schutz
von BIPoC.
- werden wir zivilgesellschaftliches Engagement finanziell unterstützen und
deren Strukturen festigen.
- verpflichten wir uns, unser persönliches und innerparteiliches Verständnis
für Rassismus, die Erfahrung von BIPoC, white priviledge und anti-
muslimischen Rassismus zu verschärfen, weiterzuentwickeln und dieses in
unserer politischen Arbeit auf allen Ebenen umzusetzen.
- werden wir zusammen unsere eigenen Strukturen hinterfragen und verbessern.
- verpflichten wir uns mit diesem Beschluss zur Unterstützung des Kampfes
für Gerechtigkeit von BIPoCs und allen betroffenen Gruppen von
ungerechtfertigter Polizeigewalt in Regierungsverantwortung oder in
Oppositionen.
(1) BIPoC steht für Black, Indigenious and People of Colour. Es ist eine
Selbstbezeichnung der Community und inkludiert alle nicht-weißen Gruppen, die
von der Erfahrung systematischen Rassismus betroffen sind.
(2) Informationshinweis der bpb: https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/wp-
content/uploads/2019/01/Flyer_GMF_Islam.pdf